Wettbewerbsvorteile

Kunden entwickeln neue Autorität

Von Karl-Heinz Möller · 2019

Eine Welle von Innovationen sorgt im Handel für neue Lösungen und Perspektiven. Bereits in der Realität angekommene Trends wie E-Commerce, Big Data, Internet of Things und Smart Home werden verfeinert, neue Entwicklungen wie Künstliche Intelligenz, Virtual Reality und Multi-Channel-Konzepte erobern den Markt. Alles ist miteinander vernetzt.

Ein Mann im Supermarkt schaut sich ein Olivenglas an. Thema: Wettbewerbsvorteile
Foto: iStock/anyaberkut

Nur einen Klick entfernt: Die coolen Sneaker für die Arbeit, die Schneefräse für den heimischen Hof, Musik zum Streamen oder das Ticket für den Urlaub. Bequem und rund um die Uhr, schnell verfügbar und direkt geliefert frei Haus. Eine typische Kundensituation im Einzelhandel, man ist digital vernetzt, kennt seine Bedürfnisse und Wünsche genau, ist gut informiert und verlangt dazu nach einem einzigartigen Einkaufserlebnis, der „Extra-Meile“.

Einzelhändler müssen sich aktuell ständig neu definieren, erzählen wer sie sind, wie sie agieren, welchen Nutzen sie ihren Kunden bieten und wie sie sich in einem wettbewerbsintensiven Markt positionieren. Und die Zahl der digitalen Kunden steigt exponentiell. Bis tief in die Gruppe der Senioren reichen die wachsenden Ansprüche und setzen immer wieder andere Normen.

Wettbewerbsvorteile: Schnelligkeit kombiniert mit effizienter Logistik sind Erfolgsgaranten

Weiterhin entstehen im Handel neue Wettbewerber in Form einer gewaltigen Welle junger und innovativer Unternehmen, die fast täglich mit neuen Ideen in den Markt drängen. Diese greifen nicht nur digitale Technologien und aktuelle Trends auf, um innovative Lösungen für den Einzelhandel bereitzustellen, sondern setzen vor allem mehr denn je die Bedürfnisse der Kunden konsequent in den Mittelpunkt all ihrer Aktivitäten. Und sei es nur zur Steigerung von deren Wohlgefühl, schnell in den Besitz der begehrten Ware zu gelangen. 

Durch eine Reihe von Faktoren werden die Barrieren für den Eintritt in Einzelhandelsmärkte rapide abgebaut: Die rasante technologische Entwicklung, universeller Zugang zu Informationen, zunehmende Größe von Risikokapitalfonds, günstige Kapitalbeschaffung sowie weniger restriktive behördliche Vorschriften treiben die Entwicklung voran.

Während es früher einen beträchtlichen Aufwand an Zeit, Geld und Humankapital erforderte, ein Einzelhandelsgeschäft zu eröffnen, kann heute ein Online-Shop, der Produkte verschiedenster Marken und Hersteller vertreibt, innerhalb weniger Tage realisiert werden. Einzelhändler machen sich bewusst, dass die eigentliche Konkurrenz in Zukunft nicht mehr nur von der traditionellen Konkurrenz droht, sondern auch von der Flut kleiner und junger Unternehmen, die in wachsender Zahl auf den Markt drängen. 

Die gute Nachricht für die Eingesessenen ist, dass neuen Unternehmen oft die Erfahrung, der Einzugsbereich, der Kundenstamm und die Ressourcen, über die traditionelle Akteure verfügen, fehlen. Etablierte Einzelhändler können diesen Vorsprung nutzen, um Wettbewerbsvorteile und einmalige Kundenerlebnisse zu kreieren. Andrerseits erkennen sie durch die Konkurrenz, welche ungenutzten Potenziale noch zu heben sind.

Marktteilnehmer müssen berücksichtigen, dass eine Einkaufstour in jedem vom Kunden gewählten Vertriebskanal – Desktop, Smartphone, Tablet oder Ladengeschäft – überall starten und enden kann. Präsenz ist dort gefragt, wo der Kunde gerade tatsächlich oder virtuell ist. Umfassende Beratung, die Käufern unabhängig von Vertriebsebenen einen adäquaten Service bietet, wird ein maßgebliches Element sein, um etwas wie Markentreue zu generieren. Umfragen von Marken-Anbietern zeigen, dass die Loyalität der Verbraucher wieder eine maßgebliche Rolle spielt.

Präsenz und Interaktion prägen den modernen Händler

Omni-Channel-Konzepte sollen garantieren, dass Kunden ein gleichbleibendes und umfassendes Kundenerlebnis geboten wird. Dieses Modell gilt als sicherer Weg, Unternehmen mit breitem Sortiment zu führen. Für hochspezialisierte Händler kann auch eine Single-Channel-Variante die beste Lösung sein, um dessen Exklusivität herauszustellen – ein Prinzip, das darüber hinaus in der Regel kostengünstiger ist.

Smartphone liegt in den Händen einer Person; darum herum spannt sich ein holografisches Feld mit Symbolen auf.
Foto: iStock/ipopba

Nicht nur die Kunden, ihre Art des Einkaufens und die Interaktion mit einer Marke haben sich geändert, sondern auch der Wettbewerb, der bestehende Unternehmen mehr und mehr dazu zwingt, ihren Auftritt im Markt grundlegend zu ändern und eine konstante immer aktuelle Präsenz aufzubauen.

Neu in den Markt eintretende Konkurrenten mit hoher IT-Kompetenz und Finanzkraft wie international operierende Handelsketten sind in der Lage, ihr Geschäftsmodell, ihre Prozesse und Abläufe sofort zu ändern und können daher sehr schnell auf wandelnde Kundenbedürfnisse reagieren. Auch Produktion und Handel wachsen mehr und mehr zusammen. Beispiel: In einer eigenen Werkstatt produzieren 3D-Drucker Brillengestelle, Spielwaren und Ersatzteile für Haushaltsgeräte und bieten sie im Geschäft an.

Kategorien wie Verkäufer, Hersteller und Plattform verwischen

Dienstleistungen, die im direkten Zusammenhang mit den Waren im Verkauf stehen, werden ebenfalls immer häufiger integriert. Diese sinnvolle Ergänzung bietet sich bei personalisierten Produkten an. Eine Verankerung im Geschäftsmodell wird möglich durch vernetzte Warenbestände, Kontextualisierung, Content-Marketing und Social-Media. Umgesetzt in die Praxis kehren im stationären Handel solche Serviceleistungen die Nähe in einen gravierenden Vorteil um.

Damit steigt die Bedeutung des Point of Sale am Ende der Konsumentereise im stationären Handel. Auf der letzten Meile wird der Kunde nicht nur mit Sonderangeboten verwöhnt, die die Einkaufssumme beträchtlich beeinflussen können. Auch der Gang zur Kasse ist im Begriff ein anderer zu werden. Mit den Möglichkeiten des mobilen Bezahlens und Scannens  müssen die Produkte gar nicht mehr auf dem Tresen ausgepackt liegen. Und eine Geldbörse wird hier nicht mehr benötigt. Es reicht entweder eine Geldkarte oder ein Smartphone mit einer passenden App. Inhaber von Smartphones können darüber hinaus per Geotargeting auf Rabattaktionen aufmerksam gemacht werden, auch in Zusammenarbeit mit benachbarten Geschäften. Auf diese Weise erfährt der Kunde eine weitere Steigerung des Einkaufserlebnisses – sofern er dies möchte. 

Essentiell bleibt für jedes Unternehmen die Frage, wer ihre Kunden sind, was sie wirklich wollen, wie sich das eigene Angebot von der Konkurrenz abhebt. Qualität und Individualität dürfte auf lange Sicht den Unterschied ausmachen.

Quelle: EHI Retail Institute, 2019
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