Wirtschaft und Handel finden zurück in gewohnten Rhythmus

Neustart mit Lust

Von Karl-Heinz Möller · 2021

Die Wirtschaft und mit ihr der Handel finden zurück in ihren gewohnten Rhythmus, lassen die Schock-Rezession hinter sich. In Büroräume sitzen wieder Menschen, das Home-Office verliert als Mittelpunkt des alltäglichen Lebens seine Funktion. Dafür sind Amtsstuben wieder besetzt, Kulturstätten und Gastronomie öffnen. Im Handel ist jetzt vor allem Analyse nach der Pandemie angesagt. Diverse Segmente müssen ihre Geschäftsmodelle überprüfen, vornehmlich im stationären Handel. Ganz sicher ist, dass die Perspektiven im Handel zukünftig noch stärker von den digitalen Konfigurationen und Innovationen abhängig sein werden.

Frau eröffnet ihr Geschäft
Endlich: Die Geschäfte machen wieder auf. Foto: iStock / Vladimir Vladimirov

Nach dem Sturm, ausgelöst von einem winzigen, sich rasend schnell vermehrenden Virus, ist hoffentlich nicht vor dem nächsten Sturm. Eine große Mehrheit der Wirtschaftsweisen gibt Unternehmen die Hoffnung, dass im Handel mit Waren wieder Normalität einkehren wird. Aber was heißt schon Normalität? Für manche Händler wird es ein Neustart, nach entbehrungsreichen Zeiten unter pandemischen Verhältnissen. Andere reiben sich die Augen ob der wunderbaren schwarzen Zahlen aus der Umsatzstatistik.

Marktplätze dienen als Impulsgeber

Dem deutschen Onlinehandel geht es so gut wie nie zuvor. Doch auch Teile des Präsenzhandels profitieren – über Click und Collect sowie Verkäufe über digitale Marktplätze. Imposante Zahlen liefert der Online-Monitor des Handelsverbandes HDE. Im Rahmen der Untersuchung hat sich gezeigt, dass die Coronakrise erwartungsgemäß einen immensen Wachstumsschub beim Onlinehandel ausgelöst hat – aber auch die Click und Collect-Lösungen haben davon profitiert (anders als etwa Click und Meet, das erst 2021 dazu kam). Zudem profitierten die Händler auch von Verkäufen über Onlinemarktplätze. Das Wachstum lag hier bei mehr als 40 Prozent. Akteure wie Amazon (E-Commerce gesamt mit Marktplatz und Eigenhandel) verbuchten sogar einen Anteil von 53 Prozent am gesamten deutschen Onlinehandelsumsatz. Ein ähnliches Bild zeichnen Studien zum Käuferverhalten in Europa. Die Hälfte der Europäer kaufen seit der Pandemie weniger im stationären Handel ein als vor Corona. Signifikant sei, dass sich auch der sensible Lebensmitteleinkauf immer mehr in Richtung E-Commerce verschiebt. Bemerkenswert, da ja gerade der stationäre Lebensmitteleinzelhandel während des Lockdowns geöffnet war. Da die Käufer die Annehmlichkeiten der Online-Lieferdienste nun hautnah erlebten, sei es nicht verwunderlich, dass die große Mehrheit (82 Prozent) dies auch nach der Pandemie beibehalten. Sie wollen die zwangsweise lieb gewonnenen Benefits nicht mehr missen.

Elektronische Bezahlsysteme befeuern die Kauflust

Die Aktivitäten der stationären Händler im Onlinehandel stiegen im vergangenen Jahr weiter an: 45 Prozent sind nun auch im Internet vertreten. Dabei sinkt zugleich laut Monitor die Zahl der Händler mit eigenem Onlineshop. Gerade viele stationäre Händler sehen die Marktplatzplattformen somit nicht mehr nur als Provisorium, sondern verlassen sich in größerem Umfang auf sie – möglicherweise auch, weil sie deren Dienste ohne große Vorbereitungen und mit schnellem Onboarding in Anspruch nehmen können. Im Jahr 2020 ist der Handelsumsatz im Onlinehandel auf 73 Milliarden Euro gestiegen, was einen Zuwachs von 23 Prozent gegenüber dem Vorjahr bedeutet. Für das aktuelle Jahr prognostiziert die Branche rund 85 Milliarden Euro Umsatz. Bemerkenswert ist auch der Anteil an Marktplatzhandel, zu dem neben Amazon eben auch Ebay sowie Angebote etablierter ebenso erfolgreicher Händler wie Zalando, About You oder Otto und einige spezialisierte Anbieter gehören, von 44 Prozent.

Nachhaltigkeit und Regionalität rücken ins Rampenlicht

Quelle: Statista Global Consumer Survey, 2021

Bei der Digitalisierung der Prozesse überzeugen vor allem im Bereich der Zahlungsdienstleistungen die jüngsten Fortschritte. Die aktuelle Einführung elektronischer Systeme wirken wie ein Turbo auf die Umsatzentwicklung. Vor allem mobile Bezahlsysteme – auch Mobile Payment – etablieren sich. Denn die Kundenbedürfnisse gehen zunehmend in Richtung Bequemlichkeit und Individualität. Vor allem jüngere Kunden nutzen die digitale Card im Smartphone: 33 Prozent der 16 bis 29 jährigen bezahlen laut infas quo im Auftrage von girocard bereits mobil. Im Kontext der intensiv geführten Klimadiskussion ist das Thema „Nachhaltiger Konsum“ bei Verbrauchern auch an der Ladentheke angekommen. Im Rahmen einer Studie von KPMG lehnen nur drei Prozent der Befragten nachhaltige Produkte ausdrücklich ab und kaufen diese bewusst nicht. Die meisten Käufer sind dagegen sogar bereit, für ein nachhaltiges Produkt einen höheren Preis zu bezahlen (69 Prozent). Dabei sind die Befürworter von nachhaltigen Produkten überwiegend weiblich: Die männlichen Befragten gaben an, dass ihnen die Auseinandersetzung mit dem Thema zu aufwendig sei (25 Prozent). Hier öffnet sich auch eine Generationenschere. Gerade bei jüngeren Konsumenten spielt ein nachhaltiger Lebensstil häufig eine wichtige Rolle. Die Nachfrage bestimme das Angebot. Mit dem Wunsch nach mehr Convenience im Einkaufsalltag werde sich ein nachhaltiges Einkaufen perspektivisch immer einfacher gestalten und damit auch immer attraktiver werden, sagt Kai Hudetz, Geschäftsführer des Instituts für Handelsforschung IFH in Köln. Mehr Schutz von Menschen und Umwelt in der globalen Wirtschaft ist ins Bewusstsein gerückt und wird ernstgenommen. Kleidung aus Asien, Kakao und Obst aus Afrika, Kaffee aus Südamerika wird kritisch geprüft. Lieferketten werden soweit es geht nachverfolgt. Die Rechte der Menschen zu schützen, die Waren für Deutschland produzieren, ist auch das Ziel eines Lieferkettengesetzes, das 2023 in Kraft treten soll. Es definiert unternehmerische Sorgfaltspflichten in Lieferketten. Mit dem Gesetz sollen ebenso Wettbewerbsnachteile abgebaut werden.

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